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Ausgangsbetrachtung
Helensburgh-Lawrence Hargrave Drive, Stanwell Tops Lookout
Am Grand Pacific Drive
Australien/Melbourne 13.3.2014
Abschied von Gloria und Sydney
Der Abschied von Gloria und Sydney, und mein Aufbruch in die „Wildnis Australiens“, wie ich es nannte, fielen mir sehr schwer. Zu diesem Zeitpunkt war es endgültig vorbei mit den gerade wieder gewonnenen Annehmlichkeiten eines stationären Lebens. Aber ich wusste natürlich, dass ich dafür interessante und spektakuläre Erlebnisse eintauschen würde. Ein unheimlich einsames Gefühl überfiel mich bei der Abfahrt. Ich musste so schnell wie möglich Neues entdecken, um meine Sinne davon abzulenken.

Es war das erste Mal seit Antritt meiner Reise, dass ich wochenlang selbstständig ohne Führer und Fahrer unterwegs sein würde. Ich zweifelte nicht am Erfolg, doch der Anfang war einfach hart. Dabei klappte alles wunderbar, es kam nicht das geringste Problem auf. Mein erstes Etappenziel hieß Wollongong, die drittgrößte Stadt in New South Wales, und lag direkt am Grand Pacific Drive, der mir die Route vorgab.

Diese weltbekannte Route startet südlich von Sydney am Eingang des herausragenden Royal National Park, den ich ein paar Tage zuvor durchwandert hatte, und führt rund 140 Kilometer in den Süden.
Grand Pacific Drive-Sea Cliff Bridge
Am Weg liegen küstennahe Regenwälder, liebliche Dörfer auf Felskuppen und eine insgesamt außergewöhnliche Landschaft. Außerdem leitet die Route über die kultbehaftete 665 Meter lange Sea Cliff Bridge. Diese atemberaubende Brückenkonstruktion ist ein Wunder der Ingenieurskunst und windet sich entlang der Felsen über die Klippen am Meer. Nachdem der Grand Pacific Drive das umtriebige Wollongong hinter sich gelassen hat, setzt die Straße ihren Lauf entlang der unglaublich schönen Küste mit den Küstenstädten Kiama und Shellharbour fort, bevor sie dann in der Region Shoalhaven endet.

Trotz aller Vorbereitung schaffte ich es nicht, vor 10 Uhr 30 abzureisen. In das GPS hatte ich die kleine Stadt Helensburgh eingegeben, die südlich des Royal National Park liegt. Kurz nach Mittag traf ich dort ein und verschnaufte erst einmal. Ich stellte mein Auto einfach am Rande eines Sportplatzes ab. Hier war gar nichts los, was mir durchaus recht war. Ich aß und trank ein wenig. Später fuhr ich ein wenig herum in der großflächigen Gemeinde und stieß auf eine Pferderanch, die texanische Hengste importierte. Ich hatte meinen Rhythmus gefunden und war bereit für die ersten Erlebnisse. Der Grand Pacific Drive konnte nun kommen.

Blick von der Sea Cliff Bridge in die Tiefe
Nach wenigen Kilometern war es soweit, ich stand am Stanwell Tops Lookout, wo der Flugpionier Lawrence Hargrave Anfang des 20. Jahrhunderts den weltweit ersten Flug eines Menschen vom Bald Hill in Szene setzte. Sein Denkmal steht nebenan und auch die schöne Küstenstraße ist nach ihm benannt. Hier hoch über dem Südpazifik starten die Paragleiter in einem traumhaften Ambiente und landen unten in einer eigens für sie reservierten Zone. Leider war das Wetter nicht ganz makellos. Es hielten sich Dunst und Wolken über den Hügelkuppen und dem Ozean. Dennoch war der Blick einmalig. Im Süden war ganz verschwommen bereits die Sea Cliff Bridge zu erkennen. Nach ausgiebigem Genuss fuhr ich den Lawrence Hargrave Drive langsam weiter, immer auf neue Überraschungen wartend. Ich fuhr in Coalcliff ein, einem kleinen Ort eingeengt von Küste und Felswänden und parkte mein Fahrzeug. Die Begehung der Brücke stand kurz bevor.

Die Sea Cliff Bridge wurde nach einer Bauzeit von nur achtzehn Monaten im Dezember 2005 eröffnet und hat eine prognostizierte Lebensdauer von mehr als einhundert Jahren. Der Verlauf wurde so gewählt, dass die vormals ständig bedrohenden Felsstürze und Dammrutschungen ausgeschaltet werden konnten. Die naheliegende Kohlengrube schloss im Jahr 1992. Ich war ein Stück zu weit weg stehen geblieben, und es dauerte bis ich zur Brücke kam.
Grand Pacific Drive-Mike Dwyer Reserve
Dann schritt ich das Bauwerk zwischen Felswänden und der stürmischen See ab. In Relikten war noch der alte Straßenverlauf nahe an den Felswänden zu sehen. Das Bauwerk war schon spektakulär, doch ich hatte es mir noch eindrucksvoller vorgestellt. Vielleicht trübte auch nur das diesige Wetter meinen Eindruck. Neben meinem Parkplatz lag der kleine Coalcliff Beach, dem ich auch noch einen Besuch abstattete. Ein Surfer war gerade am Einpacken seiner Sachen.

In der Folge fuhr ich durch eine Reihe netter kleiner Ortschaften, mit schönen Stränden und interessanten Plätzen. In Bulli, wo im Jahr 1863 auch die erste Kohlenmine eröffnet hatte, streifte ich kurz durch den Tourist Park, konnte aber nichts Weltbewegendes ausnehmen. Gegen 16 Uhr fuhr in Wollongong ein und begann, was mir im Vorfeld das meiste Kopfzerbrechen bereitet hatte, die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz. Die Stadt war mir sympathisch, und ich fand mich bald zurecht. Es gab ein paar Hinweise auf Motels. Einmal blieb ich stehen, war aber nicht überzeugt. Der nicht unfreundliche Mitarbeiter gab mir dann den entscheidenden Hinweis. Beim zweiten Anlauf klappte es, obwohl natürlich zu teuer und den Preis nicht wert. Doch damit hatte ich gerechnet, es hatte keinen Sinn weiter zu jammern. Ich lud meine Sachen aus und fuhr sofort weiter auf Entdeckungsreise.

Wollongong-Port Kembla, Lookout Hill 60
Port Kembla liegt auf einem kleinen Landvorsprung im Süden der Stadt und bietet einen guten Überblick über die Hafenanlagen. Es gibt in Wollongong neben schönen Stränden, insgesamt sind siebzehn davon bewacht, auch eine bedeutende Schwerindustrie, die nicht zu übersehen ist. Ich durchstreifte ungeniert das teilweise nicht öffentlich zugängliche Gebiet und schoss meine Fotos. Hafengebäude, ein aufgeschütteter Kai aus Felsbrocken und diverse zweckdienliche Einrichtungen waren neben einem historischen Hebekran zu bewundern. Und überall dazwischen die Fischer, die in Australien nicht wegzudenken sind. Ganz zum Schluss gelangte ich noch zum schönen Lookout Hill 60, von wo aus ich eine praktikable Aussicht über die Industrieanlagen und die Wohngebiete erhielt. Der Abend dämmerte und ich begab mich in mein Motel. Der erste Tag meiner einsamen Reise war voll zufriedenstellend verlaufen.

Am zweiten Tag ging es sofort voll zur Sache, ein dichtes Programm wartete auf mich. Gleich nach dem Auschecken aus dem Motel, was bis 10 Uhr zu passieren hatte, fuhr ich zur naheliegenden Küste. Ein langgezogener schöner Strand wird im Süden von den rauchenden Industrieanlagen begrenzt.
Wollongong-The Blue Mile
Ich wanderte entlang der „Blue Mile“ zum Flagstaff Hill Park in die andere Richtung. Es war eine attraktive Gegend zum Wohnen mit einem Veranstaltungszentrum nebenan. An der herrlich gepflegten Landspitze steht ein blendend weißer Leuchtturm. Ehemals waren hier Militärbaracken und Verteidigungsanlagen angesiedelt. Einige alte Kanonen zeugen noch von dieser Zeit im 19. Jahrhundert.

Eine Namensgleichheit zweier Straßen führte mich dann fälschlicherweise noch einmal nach Port Kembla. Ich wollte zur Filiale meiner Autovermietung in Wollongong, da ich schon erkannt hatte, dass meine Mietdauer von mir zu kurz angesetzt worden war. Die kleine Odyssee kostete mich mindestens eine halbe Stunde an wertvoller Zeit. Endlich fand ich nach nochmaliger Rückfrage im Motel die gar nicht weit entfernte Station. Der Mitarbeiter half mir per Anruf in Sydney, das Auto bis zum 10. März zu verlängern. Ein Stein fiel mir vom Herzen, dass die Angelegenheit so gut erledigt werden konnte. Der Höhepunkt des Tages sollte aber mein Besuch des größten buddhistischen Tempels in der südlichen Hemisphäre werden.

Wollongong-Nan Tien Buddhist Temple
Der Nan Tien Tempel, was wörtlich übersetzt „Tempel des südlichen Himmels“ heißt, umfasst einen buddhistischen Tempelkomplex im südlichen Industrievorort Berkeley in Wollongong. Der chinesische Begriff „Nan Tien“ bedeutet auch „Südliches Paradies“. Nan Tien ist einer der Filialtempel eines taiwanesischen buddhistischen Ordens, der im Jahre 1967 gegründet wurde und zwischenzeitlich über 120 Niederlassungen weltweit aufweist. Die Mitglieder dieser Richtung streben danach, den Buddhismus ins tägliche Leben zu integrieren und beschreiben ihre Philosophie als „Humanistischen Buddhismus“. Der ausgewählte Platz liegt auf einem Hügel und überblickt sowohl Mount Keira als auch Mount Kembla. Das mehrere Quadratkilometer große Areal inmitten von Landschaftsgärten wurde von der Australischen Regierung zur Verfügung gestellt.

Beim Bau durch chinesische Handwerksleute wurden traditionelle Techniken und Materialien eingesetzt jedoch unter Berücksichtigung zahlreicher moderner Merkmale. Die Architektur des Komplexes ist insofern bemerkenswert, als Kennzeichen verschiedener buddhistischer Stilrichtungen vereinigt wurden.
Wollongong-Nan Tien Buddhist Temple, Great Mercy Shrine
Der Turm ist deutlich chinesisch inspiriert mit fliegenden Dachvorsprüngen und eckigem Profil, während die Haupttempel Züge tibetanischer Klosterarchitektur aufweisen. Die Innenhöfe zeigen Merkmale japanischer Gärten und die Statuen als auch Schreine integrieren häufig strahlende südostasiatische Farbkontraste im Gegensatz zu den eher nüchternen Richtungen in China.

Der Tempelkomplex beinhaltet zwei mächtige Gebetshallen, den Great Mercy Shrine und die Great Hero Hall, die mehrere Buddha und Bodhisattva Figuren beherbergen. Die achtstöckige Pagode dient als Urnenhalle für die Asche von bis zu 7000 Menschen. In der ersten Halle befindet sich die Statue des tausendhändigen Avalokitesvara, der in der chinesischen Kultur als Kuan Yin bekannt ist, und die zweite Halle bewohnen die fünf Dhyani Buddhas in verschiedenen symbolischen Haltungen. Beide Räume sind mit tausenden kleinen Buddha-Figuren an den Wänden angefüllt. Zusätzlich gibt es zahlreiche Konferenz- und Tagungsräume, ein Museum, sowie kulturelle und Beherbergungseinrichtungen für die Mönche, Nonnen und Besucher. Auch ein vortreffliches Restaurant, das ich gerne besucht hatte, war zu finden. Im großen Garten steht die Pagode.

Wollongong-Nan Tien Buddhist Temple
Ich fuhr durch das beeindruckende Gartenportal in das Innere des Anwesens und parkte mein Fahrzeug. Hier war alles bestens geordnet und gepflegt. Ein großer mit roten Ballons gesäumter Treppenaufgang führte mich zum ersten Schrein. Es war ein erhebender Moment, als ich nach vielen Wochen wieder einen Tempel betrat. Hier konnte man getrost seine Schuhe ausziehen, so sauber war alles. Ich schaute mich weiter um, entdeckte das Restaurant, und ließ mir von der vietnamesischen Küche ein herrliches vegetarisches Gericht servieren. Dann spazierte ich durch die Säulenhallen und den Garten vor dem zweiten Hauptraum. Im Gras standen lustige Figuren mit weisen Sprüchen. Die fünf Buddhas im zweiten Tempel mit ihren spezifischen Ausrichtungen und ihrer Symbolik hinterließen einen starken Eindruck auf mich. Die Gänge waren bunt geschmückt, es hingen große Glocken von der Decke und wunderschöne Flügeltüren wiesen den Eingang zur Halle. Ich ging den Hügel bergauf, bis ich auf eine riesige Glocke auf einem Holzpodest im Freien traf. Die Glocke der Dankbarkeit soll unsere Ehrerbietung für die Eltern und Vorfahren zum Ausdruck bringen. Etwas unterhalb steht die Pagode, die in ihren kostbaren ebenerdigen Räumen Figuren, Schmuck und ein Unterrichtszentrum beinhaltet.
Wollongong-Nan Tien Buddhist Temple, Great Hero Hall
Ein Aufstieg nach oben war leider nicht möglich. Vom Eingang der Pagode führt ein mehrstufiger Treppenabgang direkt zu einer weiteren Buddha-Statue neben dem Parkplatz. Diese lange bemerkenswerte Fluchtlinie hatte ich anfangs gar nicht bemerkt. Nach zwei intensiven Stunden verließ ich das heilige Areal wieder. Es war ein Highlight sondergleichen.

Mein nächstes Ziel, bevor ich Wollongong wieder den Rücken zukehren musste, war der Mount Keira Lookout. Ich befand mich schon auf halbem Weg, als ein Schild mich stoppte. Die Zufahrt war wegen Felssturzgefahr gesperrt. Ich blieb stehen und stillte ein wenig meinen Hunger. Es fuhren zwar laufend Autos an der Absperrung vorbei, doch das wollte ich allein im Ausland nicht riskieren. Ich hatte keine Ahnung, was hier wirklich los war.

Zurück in der Stadt holte ich mir noch ein paar Ratschläge vom Info-Center, die es hier in wichtigen Orten überall gab, zog Geld aus einem Bankomaten, schaute noch bei der City Central Presbyterian Church vorbei und fuhr in Richtung Kiama nach Süden ab. Das Wetter war zwischenzeitlich bewölkt, was mir nicht besonders gefiel.
Kiama Blowhole
Die Hotelsuche in Kiama gestaltete sich dann leider sehr mühsam. Ich hatte vorher nicht gewusst, dass der kleine Küstenort so gefragt ist, sonst hätte ich vielleicht einen Bogen darum gemacht. Es gab nur miese Buden oder sündteure Hotels oder Motels. Irgendwie gelangte ich zu einer Apartment-Vermietung, rief eine Nummer an, da die Rezeption nicht besetzt war und wartete. Ein paar Minuten später stand eine freundliche Österreicherin vor mir, die hier lebte und zuständig war. Ihre Apartments waren zwar nicht für mich geeignet, sie konnte mich aber in ein Motel weitervermitteln. Ich klagte ihr mein Leid, und sie gab mir sogar Recht, doch den Australiern sind die mangelnde Qualität und das schlechte Preis-Leistungsverhältnis offenbar egal. Sie erzählte mir, dass ihre Chefin auf diesbezügliche Hinweise nicht reagiert hätte. Ich merkte gleich, dass meine Landsmännin eine gute Ausbildung genossen hatte. Sie war in der Tourismusschule in Salzburg-Klessheim gewesen. Wir unterhielten uns eine Weile. Ihr Tipp war goldrichtig, und ich war gut untergebracht.

Kiama Harbour
Laut meinem Reiseführer ist Kiama einer der besten Plätze an der Küste in dieser Gegend. Ich würde sagen, es ist wie bei uns Velden am Wörthersee, ganz schön aber teuer und abgehoben. Der Name „Kiama“ bedeutet, „Wo das Meer einen Lärm macht“ und hat sicherlich auch mit dem bekannten Blowhole (Blasloch) zu tun. Dieses Naturphänomen liegt an einer schlanken Landspitze am kleinen Kiama Harbour und besteht aus dem Vulkangestein Latit. Infolge einer sogenannten vulkanischen Extrusion (Druck nach außen) entsteht ein Gesteinsgang aus Basalt. Dieses Material ist weicher als Latit und über einen Zeitraum von Millionen von Jahren war der Basalt schneller erodiert als der Latit, und es wurde unter dem kleinen Kap ein Tunnel geformt. Schließlich brach ein Teil des Festlandes ein und ließ das Blowhole entstehen, aus dem durch den Gang der Wellen und dem entstehenden Luftdruck in einer hinteren unterirdischen Kammer die Fontänen bis zu sechzig Meter hoch in die Luft schießen können.

Nachdem ich das Motel innerhalb Kiamas wegen Ausbuchung leider hatte wechseln müssen, machte ich mich auf den Weg zum Blowhole Point an der Landspitze. Auf dem Hügel steht auch ein kleiner weißer Leuchtturm und daneben, dem Wasser zugeneigt, liegen die Gesteinsformationen mit dem Blasloch.
Jamberoo Valley-Auffahrt auf den Saddleback Mountain
Ein eigener Steg führt zu den interessanten Punkten, doch bis auf ein kleines Loch und ein paar kleine Spritzer war nicht viel zu sehen oder zu hören. Es war Ebbe und die See ruhig, keine guten Voraussetzungen für hohe Fontänen. Ich spazierte um das Gelände und betrat danach das am Areal liegende Informationszentrum. Für meinen Ausflug ins Jamberoo Valley und danach ins Kangaroo Valley benötigte ich ein paar Informationen zusätzlich, die ich auch bereitwillig erhielt. Die Rundreise hielt eine Fülle von erlesenen Sehenswürdigkeiten bereit, auf die ich mich schon seit Tagen gefreut hatte.

Westlich von Kiama liegt das immergrüne Jamberoo Valley mit seinen saftigen Wiesen, Weiden und Koppeln. Fast hätte mich die malerische Gegend an Österreichs Almen erinnert, wenn da nicht von den Aussichtspunkten das Meer und die Strände zu sehen gewesen wären. Noch bevor ich das in den 1820er Jahren besiedelte kleine Dorf Jamberoo erreichte, bog ich zum Saddlepack Mountain Lookout ab. Die schmale Bergstraße kletterte unaufhörlich die Steigung hinauf, und bald konnte ich mich an herrlichen Ausblicken erfreuen. Ich hatte mich in einem Halbkreis wieder dem Meer genähert, welches nun auch zu sehen war.
Jamberoo Valley-Am Saddleback Mountain
Das allerletzte Stück der Bergstraße war besonders steil und eng, Fahrzeuge mit Anhänger oder Wohnwägen waren nicht mehr zugelassen. Oben an der Saddlepack Mountain Reserve angekommen gab es nicht nur einen schönen Rundblick bis nach Kiama und weiter nach Norden, sondern auch eine Reihe nützlicher Informationen. Die schöne Aussichtsplattform besteht seit dem Jahr 2001 und lässt einen interessanten Blick auf das umliegende Land zu. Leider war das Wetter diesig, und dadurch der Fernblick getrübt. Im Jamberoo Valley findet sich der südlichste Bestand an subtropischem Regenwald in ganz Australien. Die Illawarra Abbruchkante stellt eine hauptsächlich aus Sandstein bestehende 120 Kilometer lange Wand dar, die eine natürliche Grenze zwischen den Küstenebenen und dem südlichen Hochland bildet. Im saftigen Tal hatte die Molkereiwirtschaft schon seit jeher eine große Bedeutung und trug ihre Innovationen nach ganz Australien.

Der Rotary Lookout zu Fuß ein kleines Stück weiter ermöglichte einen Blick in die südlichen Ebenen zum Seven Mile National Park. Ursprünglich bestand die gesamte Küstenregion rund um Kiama aus Regenwald, wovon heute nur noch spärliche Überreste vorhanden sind.
Jamberoo Valley-Minnamurra Rainforest, Minnamurra Falls
Rund um den Aussichtspunkt standen die Sender einer Reihe von Mobiltelefon-Unternehmen.

Über Jamberoo, das zwar ganz nett anzusehen war, aber ein wenig verloren auf mich wirkte, kam ich zum Minnamurra Rainforest Centre, wo es zwei gut ausgebaute Naturwanderpfade gibt. Nach anfänglichem Zweifel wegen der langen Gehzeit entschied ich mich für den Eintritt. Ziel war ein Wasserfall, der am Ende der Wanderung als Belohnung winkte. Der Regenwald bot nicht wirklich etwas Neues für mich. In Südostasien war ich unzählige Male in weit spektakuläreren Regenwäldern unterwegs gewesen. Ich folgte einem kleinen Bachlauf und sah interessante Pflanzen wie große Würgefeigen, die sich an Baumriesen emporrankten. Der Weg war im ersten Abschnitt so ausgebaut, dass auch Rollstuhlfahrer eine Chance hatten. Später wurde es steiler und nach einiger Zeit kam ich zu einem kleinen Wassergerinnsel, das als Lyrebird Falls betitelt wurde, nicht der Rede wert. Ein Stück weiter traf ich auf die Lower Minnamurra Falls, die in einer tiefen engen Schlucht unterhalb zu sehen waren. Der Zugang ist seit einer Hangrutschung im Jahr 1989 nicht mehr möglich, der Blick hinunter war aber durchaus imposant. Als Abschluss warteten die Minnamurra Falls, die vom gleichnamigen Fluss in einem Sumpf- und Feuchtgebiet am Budderoo Plateau gespeist werden.

Jamberoo Valley-Carrington Falls
Die Fahrt ging weiter auf der Jamberoo Mountain Road zum Barren Grounds Nature Reserve, zum Budderoo National Park und zum Jamberoo Lookout. Das war alles sehr reizvoll und abwechslungsreich, nur das Wetter hielt sich konstant bedeckt. Am Weg lagen auch die eindrucksvollen Carrington Falls, die ich über eine zwei Kilometer lange Schotterstraße erreichen konnte. Es gab einen kurzen Rundweg und Aussichtsplattformen an verschiedenen Standorten. Wegen Zeitmangels konnte ich nicht alles abgehen, der Wasserfall verdiente seinen Namen allerdings diesmal wirklich, denn er stürzte an die hundert Meter senkrecht in die Tiefe in eine Schlucht mit einem Wasserbecken an der Sohle.

Über Robertson einem kleinen Ort an der Hauptstraße schwenkte ich wieder in Richtung Süden zu den Fitzroy Falls. Ich machte an einer kleinen Tankstelle mit Imbiss Halt und unterhielt mich mit dem Besitzer. Er war schon in Österreich Ski fahren und erzählte mir ein paar seiner Abenteuer. Auch kannte er einen Österreicher, der hier in der Gegend lebte. Die Fitzroy Falls liegen im Morton National Park an gewaltigen Felswänden aus Sandstein, die bereits in der Abendsonne leuchteten.
Fitzroy Falls im Morton National Park
Beeindruckend war weniger der Wasserfall, da nur spärlich Wasser floss, als vielmehr die gewaltige Felswand entlang derer sich ein wenig Wasser hinunterstürzte. Es gab viele Aussichtsplattformen, von den man auch in das 640 Meter über dem Meeresspiegel liegende Yarrunga Valley blicken konnte. Ein gewaltiger Termitenhügel erhob sich neben dem Weg. Er war fest wie Stein, nur ein Teil der obersten Schicht schien lockerer zu sein. Die Zeit rann dahin, es war schon halb sieben Uhr abends, und ich hatte noch einiges vor.

Der Eingang zum malerischen Kangaroo Valley befand sich vor mir. Das Tal liegt noch ein Stück weiter im Süden und schloss den Kreis meiner Rundfahrt nun fast ab. Im Tal findet man Felsklippen im Regenwald, Weideland, Eukalyptusbäume an den Flüssen und die Hampden Bridge. Diese berühmte Brücke aus Holz, Sandstein und Eisen ist der formale Beginn des Tals und liegt ein paar Kilometer nördlich der Stadt Kangaroo Valley. Unterhalb der Brücke gibt es einen kleinen Strand, wo man auch schwimmen kann. Die Hampden Bridge stellt Australiens bedeutendste Hängebrücke aus Holz und Eisen dar und wurde im Jahr 2010 nach Materialermüdung generalsaniert.
Kangaroo Valley-Hampden Bridge
Sie ist die einzige noch vorhandene Hängebrücke aus der Kolonialzeit in ganz New South Wales. Ihre Eröffnung feierte sie im Jahr 1898 und ihr Bau war für die damalige Zeit eine herausragende Ingenieursleistung. Auf einer Tafel neben der Brücke wird auch genau erklärt, wie das Bauwerk ihr eigenes Gewicht und das des darüber fließenden Verkehrs trägt. Ich wanderte zum Strand hinunter, wo ich ein junges Pärchen traf, das sich als Landschaftsmaler übte, wechselte ein paar freundliche Worte und fuhr weiter. Am Weg zurück nach Kiama verfuhr ich mich trotz des Navis leider, sodass es bereits finster war, als ich im Motel ankam. Das Navi hatte auch seine Grenzen gezeigt, denn es forderte mich mehrmals mitten im Wald auf, abzubiegen, obwohl gar keine Möglichkeit dazu bestand.

Am nächsten Morgen verließ ich Kiama Richtung Süden. Ich wollte mir den vom Berg aus gesehenen Seven Mile Beach von der Nähe anschauen. Schon von einem Hügel aus neben der Straße ließ sich der schön gewundene Strand gut erkennen. Leider war das Wetter weiterhin nicht ganz klar. Es gab zwar keinen Regen, doch die Sicht war behindert. Ich befand mich in der Weinregion Shoalhaven und steuerte auf Shoalhaven Heads zu.
Shoalhaven Heads
Der einsame Strand lag hinter Sanddünen versteckt und wirkte an diesem Tag nicht besonders einladend. Hier war weit und breit niemand, und die See rollte tosend an Land. Wahrscheinlich wäre das Szenario bei Sonnenschein ein ganz anderes gewesen. Ich fuhr ein Stück weiter und kam an eine Flussmündung mit ein paar Booten im Wasser. Hinter den Dünen war das unsanfte Rauschen des Meeres zu hören. Es begann ein wenig zu tröpfeln. Ich hatte gesehen, was ich sehen wollte und setzte meine Fahrt nach Nowra fort. Diese Stadt mit rund 30.000 Einwohnern liegt rund siebzehn Kilometer von der Küste entfernt und ist die größte Agglomeration im Shoalhaven Bezirk. In Nowra endet auch der Grand Pacific Drive (von Helensburgh nach Nowra). Hier machte ich kurz Zwischenstation und ging einkaufen.

Noch weiter südlich liegt die herrliche Jervis Bay mit klarem türkisfarbenem Wasser, wunderbar schönen weißen Stränden und Huskisson als Hauptort der Bucht. Die kleine Stadt hat nicht einmal zweitausend Einwohner und oftmals vermutlich mehr Touristen als Einheimische. Im Jervis Bay Visitors Centre ließ ich mich über die Gegebenheiten vor Ort aufklären, und die nette Dame konnte mir nach ein paar Telefonaten eine passable Unterkunft im ruhigen Nachbarort Woollamia vermitteln.
Jervis Bay-Woollamia Quiet Bush Setting
Diesmal hatte ich wirklich Glück. Mitten im Wald stand ein Haus und ein wenig abseits ein riesiger Wohnwagen mit einem angebauten Cottage. Das Ganze war sehr geräumig, urgemütlich und es herrschte bis auf die Naturgeräusche vollkommene Stille. Die Familie war freundlich und hilfsbereit, ich erhielt jede notwendige Unterstützung. Mein mobiles Internet funktionierte hier zwar nicht, dafür bot mir der Hausherr sein Wi-Fi in einem nahegelegenen umgebauten Schuppen an. Das Ambiente hatte schon etwas für sich.

Nachdem ich meine Sachen verstaut hatte, kehrte ich ins nahe Huskisson zurück und schaute mich um. Am Wasser liegt der Marine Park und im Zentrum des Ortes mündet der Currambene Creek ins Meer. Die Mangrovenwälder und Seegras-Flächen bieten ein Zuhause für ein reiches Tier- und Pflanzenleben. Hier sind schwarze Schwäne, viele Vogelarten und auch Seeadler zu Hause. Die Jervis Bay war im Februar 1964 auch der Schauplatz der größten Schiffskatastrophe zu Friedenszeiten in Australien. Damals schlitzte der australische Flugzeugträger HMAS-Melbourne während der Nacht die ebenfalls nicht kleine HMAS Voyager in zwei Hälften auf, wobei 82 Besatzungsmitglieder der Voyager starben. Ein Denkmal im Marine Park erinnert an dieses Desaster.
Jervis Bay-Hyams Beach
Ich buchte nach einem Gespräch mit dem Kapitän eines Ausflugbootes für den nächsten Tag eine Schifffahrt zur Beobachtung von Delphinen (Dolphin Watch) und zur Erkundung der atemberaubenden Gegend hier. Dann startete ich zum fantastischen Booderee National Park, wo es von unglaublichen Plätzen nur so wimmelt. Leider begann es genau zu diesem Zeitpunkt zu regnen, und ich verschob meinen Ausflug auf den nächsten Tag. Kurz vor der Einfahrt zum Park lag die Abzweigung zum Hyams Beach, den ich anstelle dessen besuchte. Unterhalb der Straße befindet sich ein kurzer Strandabschnitt mit weißem Sand und türkisfarbenem Wasser. Trotz des miesen Wetter ging ein verliebtes Pärchen im Badegewand dort spazieren. Ich stapfte auch kurz hinunter, doch es reichte mir bald. Das Wetter war einfach zu schlecht. In meinem Wohnwagen war es dann weitaus gemütlicher.

Am nächsten Morgen erhielt ich einen Anruf vom Schifffahrtsunternehmen, dass die Besichtigungstour wegen rauer See und schlechter Sicht abgesagt werden musste. Darüber war ich außerordentlich unglücklich, denn gerne hätte ich Delphine und die außergewöhnliche Küstenlandschaft von der See aus gesehen. Mein Geld erhielt ich anstandslos zurück.

Jervis Bay-Booderee National Park, Hole in the Wall
Der Booderee National Park an der Südspitze der Jervis Bay ist ein wahrer Geheimtipp an der australischen Ostküste. Er steht im Besitz einer Aborigines Gemeinschaft und wird gemeinsam mit Parks Australia verwaltet. Ich hatte vor meinem Besuch im Park keinen Schimmer, welch Juwel mich da erwarten würde. Leider spielte das Wetter nicht wirklich mit, doch wenigstens Zeit hatte ich ausreichend. Beim Parkeingang ließ ich mir vom Visitor Centre Pläne geben und fuhr in das Gebiet ein. Es gab unzählige Stationen. Ich fing mit dem besonders für Familien und kleinere Gruppen geeigneten Picknick- und Strandgebiet Green Patch an. Der Abschnitt am Wasser war bedingt durch eine kleine Flussmündung und den schönen hellen Sand sehr idyllisch. Trotz des regnerischen Wetters waren Camper, Segler und Kricket-Spieler zu sehen. Ich unternahm vom Green Patch weg eine kleine Wanderung über eine Fels-Plattform im Wasser zum nahegelegenen Bristol Point. Im Wald sah ich verbrannte Bäume, große Farnpflanzen, umgestürzte Baumriesen und interessante Vögel, die sich teils sogar fotografieren ließen.

Jervis Bay-Booderee National Park, Murrays Beach
Die nächste Station hieß Scottish Rocks und führte mich neuerlich zu einem schönen weißen Strand mit flachen Felsen. Draußen im Nebel sah ich das Ausflugsschiff, das die kleine Rundfahrt innerhalb der Bucht absolvierte, worauf ich aber verzichtet hatte. Ein Stück weiter lag der Ausflugspunkt Hole in the Wall, womit ein Felsfenster in einer zum Strand verlaufenden Felswand gemeint war. Am Weg stand plötzlich ein Känguru vor mir. Verschreckt sprang es in die Büsche. Ein Bach wand sich anmutig ins Meer. Draußen waren ein paar Paddelboote neben einer Yacht zu sehen. Murrays Boat Ramp findet besonders bei Fischern gefallen. Dort lässt es sich aber auch gut schnorcheln, segeln oder einfach schwimmen. Der Platz ist ein guter Ausgangspunkt, um das dahinter liegende Buschland zu erkunden. Noch ein kleines Stück weiter liegt Murrays Beach an der Nordostspitze des Parks gegenüber dem kleinen unbewohnten Bowen Island. Dieser Abschnitt gefiel mir besonders gut. Der absolut geschützten Insel darf man sich gar nicht näher als dreißig Meter nähern. Unglaublich aber war, hatte es im Jahr 1969 Pläne gegeben, auf diesem Areal ein Atomkraftwerk zu errichten. Erst eine mächtige Bürgerinitiative gepaart mit politischem Druck erreichte zunächst einen Aufschub und im Jahr 1973 die Aufgabe des hirnrissigen Projekts.

Jervis Bay-Booderee National Park, beim Cape St. George Historic Lighthouse
Jetzt musste ich wieder ein paar Kilometer mit dem Auto zurücklegen, um zum Cape St. George Lighthouse zu kommen. Der halbzerfallene Leuchtturm liegt an der steilen Ostküste und war aufgrund der zahlreichen Schiffbrüche vor der Küste im Jahr 1860 errichtet worden. Alleine im Zeitraum zwischen 1875 und 1885 zerschellten 198 Schiffe vor der Küste von New South Wales. An diesem unwirtlichem Platz mit stürmischen Winden und heftigen Regenschauern lebten bis zu fünfzehn Personen in den mit Sandsteinblöcken errichteten Gebäuden. Der Turm selber war zwar nur 18,5 Meter hoch, jedoch aufgrund seiner prominenten Lage über den Klippen leicht zu sehen. Daneben waren noch die Überreste von einigen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden zu erkennen. Heute ist die Anhöhe ein guter Platz zur Beobachtung von Delphinen, Walen und einer Reihe von Raubvögeln. Anfangs war ich ganz alleine an diesem einsamen und kalten Ort, ehe später ein paar weitere Touristen auftauchten, worüber ich ganz froh war, denn hier war sonst nichts außer Felsen und der tosenden See unten. Der Ausblick war jedoch sehenswert.

Nach diesem Abenteuer auf den Klippen ging die Rundfahrt weiter zum Moes Rock. Über einen kurzen Pfad wanderte ich zu den Felsen an der brandenden Küste. Eine gewaltige Felsplattform lud ein, sich dem Wasser ein wenig anzunähern. Die Brecher waren an diesem Tag allerdings so stark, dass es nicht angeraten war, sich zu weit nach vorne zu wagen.
Jervis Bay-Booderee National Park, Mündung des Stony Creek
Jederzeit hätte eine monströse Überraschungswelle für ein böses Ende sorgen können. Ich genoss das gigantische Naturspektakel eine Weile, bevor ich zum letzten Punkt aufbrach.
Am Standort des Stony Creek fließt ein schwaches Bächlein zwischen schönem Felsgestein Richtung Meer, wird aber von der Wucht der Flut immer wieder flussaufwärts gedrückt. Ich kletterte die durchlöcherten scharfen Felsen zum Bachlauf hinunter und beobachtete eine Weile das Spiel der Kräfte. Hier fast auf Augenhöhe mit den Brechern der See, kam mir die Wucht noch größer vor als zuvor beim Moes Rock. Wären da nicht die tödlichen Felsen, gäben diese Wellen sicher ein tolles Revier für die Surfprofis ab.

Die Zeit war zwischenzeitlich bereits vorangeschritten. Es hätte noch einige Attraktionen mehr im Park gegeben darunter einen tollen Botanischen Garten, doch dafür war es schon zu spät. Das Auto war von den vielen Fahrten auf unbefestigten Straßen so verstaubt, dass ich es wieder einmal waschen musste vor meiner nächsttägigen Abreise. Danach nützte ich das Angebot meines Vermieters und arbeitete kurz in seinem Schuppen mit meinem Computer, denn sein Wi-Fi funktionierte nur dort. Immer wieder begann es zwischendurch zu regnen. Die schöne Jervis Bay hatte sich bei meinem Besuch wettermäßig leider von der tristen Seite gezeigt.
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